Freitag, 24. Juni 2011

Über Hartz IV spricht man nicht ...

Hartz-IV-Emfpänger sprechen natürlich nicht gerne über ihren finanziellen Status - meist auch dann nicht, wenn sie es wieder in den Arbeitsmarkt geschafft haben. Eine lobenswerte Ausnahme ist meine Journalisten-Kollegin Katja Kullmann, die in der "Zeit" ein interessantes Interview gegeben hat, dass man hier nachlesen kann.

Darin beschreibt sie, wie ihr Leben ("Ich stand auf dieses hochgradig bourgeoise Ambiente.") sich radikal änderte, als es eng wurde mit ihrer Freiberuflichkeit, und dann noch ein großer Auftrag platzte. Sie fand sich in Hartz IV wieder: "Ich habe das erste Mal vor einer Fremden geheult" - auf dem Amt.

Sie erzählt dabei auch, wie wichtig es für sie war, dass keiner davon wusste, und die bürgerliche Fassade aufrecht zu erhalten: "Ich hatte mich entschieden, es niemandem zu sagen. Es war ein Kraftakt. Heute weiß ich: viele machen es genauso. Letztlich hat mich das gerettet. Mein Ruf blieb intakt."

Sie erzählt auch, wie die Erfahrung ihre Einstellung verändert hat. Auf die Frage der "Zeit": "Was bedeutet Ihnen Geld heute?" hat sie geantwortet: "Ich habe Respekt davor, aber es schockt mich nicht mehr." Und: "Ich habe gemerkt, wie reich ich bin im Gegensatz zu denen, die nicht so weit schauen können, weder nach oben noch nach unten." Sehr lesenswert!

Dienstag, 21. Juni 2011

Hammer doch was gelernt

Nach ein paar Wochen lassen ein paar Wirkungen nach - das spüren wir schon deutlich in der Haushaltskasse. Aber ein paar Erfahrungen bleiben: Wir kochen doch immer wieder selbst, bemühen uns, das Essen schön herzurichten, und überlegen uns häufiger, was das so gekostet hat. Heute: selbst panierte Austernpilze mit einem Spargel-Erdbeeren-Salat. Als Nachtisch eine Art Fruchtsalat mit Mascarpone. Aufgrund der Spargeln war das nicht wirklich billig, aber immer noch günstiger als Convenience-Food.

Donnerstag, 16. Juni 2011

Linke vs. SPD

Die SPD hat zusammen mit den Grünen das Hartz-IV-Gesetz geschaffen, und die "Linken" greifen dafür vor allem die SPD heftig an. Ich möchte mich in diesen Streit im Grunde nicht einmischen - aber eines ist mir jetzt aufgefallen: Der Sprecher des Kreisvorstandes der Linken in Bad Hersfeld, also auch hier in Hessen, hat den SPD-Bundestagsabgeordneten seines Wahlkreises, Michael Roth, heftig für seine Zustimmung zur Hartz-IV-Änderung im Frühjahr angegriffen. Er wirft ihm "tiefe moralische Verkommenheit" vor und einiges mehr, und fordert ihn dann auf: "Der einzige glaubhafte Gegenbeweis wäre, in einem Selbstversuch den Beweis anzutreten, dass mit dem beschlossenen Regelsatz ein menschenwürdiges Leben möglich ist. Auf diesen Beweis werden wir vergeblich warten." - Nun, Herr Roth kann es ja auch mal probieren, er wird keinen Hunger leiden, wie ich ihm versichern kann. :-) Und wenn man sich nicht zu lästigen Dokumentationspflichten selbst verdonnert, kann man das übrigens nach meiner Überzeugung auch ein Jahr lang aushalten.
Ganzer Beitrag aus dem "KreisAnzeiger", Bad Hersfeld, hier

Dienstag, 14. Juni 2011

Was die Sozialwissenschaft dazu sagt

Das Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund (FKE) hat bereits 2007 eine Untersuchung veröffentlicht, wie viel die gesunde Ernährung eines Kindes in Deutschland kostet, und zwar mit einem Ernährungmodell, das als "optimierte Mischkost" bezeichnet wird. Diese Untersuchung hat zu einem erstaunlichen Ergebnis geführt: 3,59 Euro wären demnach täglich nötig, um ein 11-jähriges Kind zu ernähren, wenn man in einem Dicount-Supermarkt einkauft (Werte von 2007). Inflationsbereinigt entspricht das heute 4,22 Euro. Im Regelsatz sind jedoch nur 2,15 Euro vorgesehen. Da drängt sich mir die Frage auf, ob wir uns in den zwei Projektmonaten ungesund oder schlecht ernährt haben? Die klare Antwort: nein, das kann ich auch im Rückblick nicht sehen - schon gar nach der Tiefkühlpizza von heute ;-) - die war wirklich schlechter als mein Eigenprodukt. Aber heute war einfach nicht genug Zeit ...

Aber gut. Die Autorinnen der Studie haben trotz dieser (aus meiner Sicht) Abweichung von der Realität interessante Aspekte untersucht und dargestellt: So weisen sie darauf hin, dass die Preise für Nahrungsmittel in einem normalen Supermarkt rund 60 Prozent über denen der Discounter liegen - und im Bioladen sind sie sogar dreimal so teuer! Das entspricht ziemlich genau auch unserer Wahrnehmung.

Interessant sind auch die Auswertungen nach Art der Lebensmittel: Die ausgewogene Ernährung im Rahmen der Untersuchung des FKE hat einen Anteil von 13,5 Prozent für Wurst, Fleisch und Fisch ergeben. Wir hingegen sind bei knapp 10 Prozent gelandet - was gut zu diesen Werten passt, da zwei Personen bei uns kein Fleisch und eine sogar nur sehr ungern Fisch ist. Bei den Getränken lagen wir mit 10 Prozent über dem Wert der Studie von 7 Prozent, obwohl wir gerne und viel Leitungswasser trinken. Aber wir mögen halt auch mal ein Glas Bier oder Wein - der Vergleich kommt mir daher trotz der Abweichung schlüssig vor.

Insgesamt fühle ich mich von der Untersuchung bestätigt, was die Ernährung und das Selberkochen angeht - wobei mir immer noch schleierhaft ist, wie der hohe Preis zustandekommt, der auf eine glatte Verdoppelung des täglich verfügbaren Budgets hinauslaufen würde. Aber gerade in dieser Hinsicht halte ich einen Selbstversuch für durchaus aussagekräftiger als einen akademischen Vergleich, oder?